Ein genauer Blick unter die Kutsche, ein gezielter Griff an den Blumenschmuck und ein wachsames Auge auf die Pferde: Dem Kutschensachverständigen entgeht nichts. Er prüft vor dem Schäferlauf, ob die Gespanne auch bereit für den Festzug sind.
Wunderschön geschmückte Kutschen, natürlich gezogen von Pferden verschiedener Rassen, sowie Kostümierte zu Pferd gehören zum historischen Festzug beim Schäferlauf einfach dazu. Mensch und Tier sind entsprechend auf eine solche Großveranstaltung vorbereitet. Zusätzlich legen die Organisatoren großen Wert darauf, vor der Teilnahme am Festzug alles zu überprüfen und auch währenddessen auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.
Dafür verantwortlich zeichnet Karolin Weik. Die Mitarbeiterin des Fachbereichs Planen und Bauen ist im Nebenerwerb Landwirtin und lebt mit ihrer Familie auf dem Müllerthof zwischen Wildberg und Effringen. Sie hält selbst Nutztiere, auch Pferde. Beste Voraussetzungen also, um sich um die Kutschen und Pferde für den Festzug am Schäferlauf-Sonntag zu kümmern.
Etwa zwei Stunden vor der Aufstellung am Abzweig zum Welzgraben in Wildberg war ein Besuch auf dem Müllerthof für die Teilnehmer mit Pferd verpflichtend. Dort erwartete sie der sogenannte Kutschensachverständige. Volker Knodel hat selbst viele Jahre Erfahrung in Sachen Kutschfahrten und hat zudem die Prüfung zum Kutschensachverständigen bei der GTÜ abgelegt. Die GTÜ (Gesellschaft für Technische Überwachung) ist die größte Überwachungsorganisation freiberuflicher, unabhängiger Kfz-Sachverständiger in Deutschland. Das Netz mit über 17.000 GTÜ-Prüfstützpunkten in Kfz-Werkstätten und Autohäusern sowie an eigenen Prüfstellen der GTÜ-Partner ist flächendeckend. Kutschen und Planwagen werden bei der GTÜ nur von zusätzlich ausgebildeten und geprüften Kutschensachverständigen geprüft.
Dementsprechend prüfte Volker Knodel alle Gespanne auf Herz und Nieren. „In Deutschland wird bekanntlich alles kontrolliert und das nach strengen Standards“, sagt er lachend. Die Pferde können bei dieser Gelegenheit nochmal „durchschnaufen“, ab vom Trubel des Festzuges. Auf dem Müllerthof werden sie in Ruhe gesattelt beziehungsweise eingespannt. Es stehen Schattenplätze, Futter und Wasser sowie sogar ein extra dafür eingerichteter Waschplatz zur Verfügung. „Einige Festzugteilnehmer sind schon am Samstag angereist und haben mit ihren Tieren bei uns übernachtet“, erzählt Karolin Weik.
Auch auf der Strecke ist für die Tiere vorgesorgt: Jede Gruppe mit Pferden wird von mindestens einer Person zu Fuß begleitet. An verschiedenen Stellen sind „Notausgänge“ für die Pferde eingerichtet. Sollte ein Tier nervös werden oder andere Anzeichen von Unwohlsein zeigen, kann es hier ohne viel Aufhebens von der Strecke geführt werden.
Nach dem Einmarsch auf dem Schäferlaufplatz werden die Pferde sofort an das hintere Ende in einen ruhigen Bereich geführt, wo sie trinken und entspannen können. Zu diesem Zweck ist dort auch der Radweg gesperrt. Die schnellen Bewegungen von sportlichen Radlern könnten die Tiere erschrecken. Sobald die letzte Gruppe den Schäferlaufplatz erreicht hat, kehren die Pferde zum Müllerthof zurück.
2024 gab es hier eine Neuerung: Die Organisatoren sperrten den Waldlehrpfad oberhalb der Bundesstraße Richtung Nagold ab. Über diesen Weg gelangten die Pferde schnellstmöglich und ab vom Verkehr zurück. „Das hat wunderbar funktioniert“, so Karolin Weik. Alle Pferde seien stressfrei durch den Schäferlauf 2024 gekommen. „Die Pferde sind alle gut vorbereitet und – das ist wichtig – entsprechend ausgebildet“, weiß Volker Knodel. „In Wildberg lief hier wieder einmal alles vorbildlich, getreu dem Motto Vorsorge ist besser als Nachsorge.“
Übrigens: Das Tierwohl hat beim Schäferlauf einen hohen Stellenwert. Deshalb war den ganzen Schäferlauf über die Wildberger Tierarztpraxis Schenk mit ihrem Team im Einsatz.