Es ist offiziell bestätigt: In Wildberg findet 2020 zum ersten Mal seit dem zweiten Weltkrieg kein Schäferlauf statt. Das größte Brauchtums- und Heimatfest im Nordschwarzwald zählt natürlich auch zu den Großveranstaltungen, die laut Coronaverordnung des Bundes und des Landes bis zum 31. August untersagt sind. So bleibt uns allen nur die Vorfreude auf den Schäferlauf in zwei Jahren, vom 15. bis 18. Juli 2022.
Die endgültige Absage des Schäferlaufs 2020 ist für alle Schäferlauffreunde vor allem aber für das Organisationsteam ein herber Schlag. Bereits seit 13 Monaten laufen die Vorbereitungen für das Wildberger Großereignis. Grundlage dafür ist ein ausgeklügelter Zeit- und Aufgabenplan. Die Stadt als Ausrichter akzeptiert die Absage des Schäferlaufs natürlich, auch wenn es schwerfällt. Aber bei erwarteten rund 25.000 Besuchern bleibt keine andere Wahl.
Leider ist eine zeitliche Verlegung aus historischen Gründen nicht möglich. Am 7. Juli 1723 hat Herzog Eberhard Ludwig in einem Erlass an seinen Keller Assum – ein Verwalter – in Wildberg (sowie Bad Urach und Heidenheim) die Einrichtung einer sogenannten Nebenlade verfügt. Der Schäferlauf für den Schwarzwald findet in geraden Jahren in Wildberg und für die Schwäbische Alb in ungeraden Jahren in Bad Urach statt – jeweils zu „Jacobi. Die Hauptlade befindet sich nach wie vor in Markgröningen. Der Schäferlauf dort findet jährlich zu „Bartholomä“ statt, also Ende August. Ob das in 2020 so sein wird, ist noch nicht entschieden.
Für Bürgermeister Ulrich Bünger, den Gemeinderat und das ganze Organisationsteam ist der Schutz der Bevölkerung ein triftiges Argument für die Absage. Jetzt müssen zahlreiche vertragliche Verpflichtungen aufgehoben werden. Gerade die gebuchten Musiker, Künstler aber auch die Lieferanten und Schausteller werden wirtschaftlich darunter leiden. Das bedauert die Stadtverwaltung natürlich sehr.
Die fröhlichen Begegnungen mit den Schäfern beim Leistungshüten, die Freude mit und unter den rund 1.500 Mitwirkenden im Festzug, aber auch die Lust aufs Heimatspiel der Festspielgruppe, das Herbeisehnen des Schäfertanzes der Trachtengruppe und die allgegenwärtige Präsenz der Stadtkapelle werden fehlen. Das gilt auch für die mit viel Herz agierenden unzähligen ehrenamtlich eingesetzten Helfern. Die Absage trifft, so kann man es ohne Übertreibung sagen, das Wildberger Gemüt mitten ins Herz. Aber „wir halten das aus, auch wenn es weh tut“, sind Bürgermeister Ulrich Bünger und Eberhard Fiedler einig.
Bleibt zu hoffen, dass die medizinischen Erkenntnisse bald wieder eine gewisse Normalität zulassen –denn ab März 2021 beginnt die Organisation des nächsten Wildberger Schäferlaufs. Das belebt die Hoffnungen der Verantwortlichen und der Bürgerinnen und Bürger und damit auch der vielen Schäferlauffreunde nah und fern.
Das sagen Beteiligte zur Absage des Schäferlaufs in Wildberg
Stadtschäfer Karl-Martin Bauer ist traurig über die Absage. Man habe sich schon wie immer auf das Heimatfest gefreut und war schon mitten in den Vorbereitungen. Es sei schade, doch müsse man damit leben, so Bauer, und die Entscheidung sei richtig. Auch Achim Olbrich, Dirigent der Stadtkapelle, findet es schade um ein solches „Highlight“ wie den Schäferlauf. Die Absage sei bedauerlich, das gelte für alle betroffenen Veranstaltungen wie beispielsweise auch das Frühjahrskonzert der Stadtkapelle. Dennoch hält Olbrich die Entscheidung für „nachvollziehbar“ und „absolut richtig“.
Für Lea Ammertal, Regisseurin des Festspiels „Der Klosterschäfer und des Teufels Puppenspieler“, ist es „unglaublich schmerzlich“, dass der Schäferlauf 2020 ausfallen muss. In dem Stück stecke bereits viel Arbeit und besonders für neu besetzte Rollen sei es „traurig“. Allerdings wäre es ohnehin mit den Proben knapp geworden. Im Januar und Februar konnten diese noch stattfinden, doch nach einem April ohne Zusammenkunft hätte Ammertal die „Reißleine“ ziehen müssen, wie sie sagt. So hätte man kein schönes Ergebnis bekommen.
Alle Veranstalter säßen im selben Boot, so Lea Ammertal, bedeute die Corona-Krise doch viele Absagen. Zudem habe man eine Sorgfaltspflicht. Eine Vorführung mit weit auseinander sitzendem, reduziertem Publikum wäre für sie keine Alternative, das sei „trostlos“. Die Absage ist aus ihrer Sicht daher eine „vernünftige Entscheidung“. Dafür freue man sich dann umso mehr auf den neuen Anlauf zum nächsten Schäferlauf.
Roland Fuhrmann von der Trachtengruppe erinnert sich nur an ein einziges Mal, dass der Schäfertanz ausfiel und das war vor etwa 20 Jahren und einem starken Wolkenbruch geschuldet. Die Absage sei natürlich bedauerlich und tue einem als Wildberger weh, „aber da müssen wir jetzt alle durch“, so Fuhrmann. „Das nächste Fest kommt bestimmt.“
„Die Absage schmerzt mich sehr, der Schäferlauf ist für mich das Größte“, sagt Eberhard Fiedler. Aber so gehe es vielen Veranstaltern. „Ich hoffe sehr, für die von den Absagen betroffenen Vertragspartnern, dass es auch für sie eine finanzielle Überbrückung gibt.“ Den Künstlern sagt Fiedler als möglicher Besucher zu: „Wenn Veranstaltungen möglich sind, dann bin ich wieder dabei so oft und wo immer es geht.“