„Andere Leben von den Schafen, wir leben mit den Schafen“

Markus und Christa Kleinbeck

„Um Schäfer zu sein, muss man ein bisschen verrückt sein“

Gerhard und Thomas Schill

„Mir macht mein Beruf bis heute Spaß, ich würde es nicht anders haben wollen“

Stadtschäfer Karl-Martin Bauer

Der Hütehund – der beste Freund des Schäfers

„Der Hund ist das A und O“, weiß Markus Kleinbeck. „Ohne ihn geht nichts.“ Er hat derzeit fünf einsatzfähige Hütehunde, bildet nach längerer Pause auch wieder selbst aus. Auf dem Schafhof Schill kommen drei selbst ausgebildete Hunde zum Einsatz, auf dem Schafhof Bauer zwei selbstausgebildete Hunde. „Gute Hunde sind rar“, so Kleinbeck. Am Leistungshüten hat er während seiner Ausbildung in den 80er und 90er Jahren fünf Mal teilgenommen, dreimal davon in Wildberg. Heute fehlt ihm dafür die Zeit, denn ein Hund für das Leistungshüten muss anders ausgebildet werden als ein Hund, der tagtäglich am Schaf arbeitet. Beispielsweise werden die Hunde heute nicht mehr eingesetzt, um Straßen freizumachen. Beim modernen Verkehr bedeutet das ein Risiko für Hunde und Schafe.

Seine Vorfahren hätten die Schafe noch täglich auf die Weiden und wieder in den Stall getrieben, erzählt Karl-Martin Bauer. „Aber die Infrastruktur, der Verkehr, das ist heute alles anders.“ Manchmal brauche man fast eine Straßensperrung durch die Polizei, um ein kurzes Stück Straße zu überqueren. „Eigentlich ist es gut und richtig, dass der Hütehund das können muss“, fügt Tina Bauer, Vorsitzende des Schäfereibezirksvereins Schwarzwaldkreis, dem mehrere Landkreise in der Region angehören, an. Allerdings appelliert sie: Man solle sich daran als Autofahrer kein Beispiel nehmen. „Fehler können passieren“, darum sei es sicherer, die Herde vorbeiziehen zu lassen. Leider komme es immer öfter vor, dass sich Autofahrer, Radfahrer oder auch Spaziergänger nicht davon abhalten ließen, mitten in die Herden zu gehen. Sei es während Treibens über die Straße oder sogar auf der Weide hinter einem Zaun. Da die Schafe an sich aber scheu sind, stresst das die Tiere ungemein. 

Die Schafe für das Leistungshüten stellt Karl-Martin Bauer. Dafür trennt er etwa eine Woche zuvor 300 Mutterschafe von seinen 850 Mutterschafen ab. So können sich die Tiere an die neue Herdendynamik gewöhnen. Für die Schäfer sei der Schäferlauf, besonders das Leistungshüten, eine Gelegenheit, sich mal wieder zu treffen, erzählt Tina Bauer. „Das tut schon allen gut.“ In Wildberg werde das Fachliche dazu auch gut erklärt.

 

Die Schafhaltung hat in Wildberg eine lange Tradition. Eine neue Dimension kam 1723 durch den Schäferlauf dazu. Die Schafhaltung hat sich gewandelt, hat mit neuen Herausforderungen zu kämpfen. Dennoch gibt es drei große Schafhöfe in Wildberg, die ihren Beruf bis heute mit Freude in Vollzeit ausleben: Kleinbeck und Schill in Gültlingen sowie Bauer in Wildberg. Markus Kleinbecks Familienschäfergeschichte reicht 250 Jahre zurück, das sind zehn Generationen. Mit seinen 600 Mutterschafen beweidet er unter anderem das Naturschutzgebiet „Gültlinger und Holzbronner Heiden“. Thomas Schill ist Schäfer in der fünften Generation.

Karl-Martin Bauer ist in der achten Generation Schäfer. Seine Familiengeschichte reicht zurück bis ins 18. Jahrhundert, zu einem Vorfahren, der als Klosterschäfer tausende Schafe – die kleineren Gruppen privater Halter angeschlossen – versorgte. Als das Kloster aufgelöst wurde, machte sich Bauers Ahne als Schäfer selbstständig. Und das ist die Familie bis heute. Ursprünglich hatten Bauers einen Hof im Bereich des heutigen Altenheims in Wildberg. „Alle Aussiedlerhöfe waren dort“, erzählt er. Erst in den 1960er Jahren wurden diese ausgesiedelt. Der erste Schafstall der Familie war die alte Schafscheuer am Bildungszentrum, die später zum Baubetriebshof und mit dessen Neubau am Welzgraben zum denkmalgeschützten Lagerraum werden sollte.

Herausforderungen in der heutigen Schafhaltung

Schäfer im Vollerwerb zu sein, bedeute 365 Tage im Jahr Arbeit, da sind sich alle einig. Der Trend gehe heute eher wieder zu Nebenerwerbs- und Hobbyschäfern, wissen Thomas Schill und sein Vater Gerhard. Das führe zur Zerstückelung von Flächen, bedauert Tina Bauer. Denn die Hobbyhalter wollen ihre Flächen, die mitten in einem größeren Beweidungsgebiet liegen, verständlicher Weise dann wieder selbst nutzen. In Baden-Württemberg gebe es noch viele Bewerber, wenn Flächen zur Beweidung angeboten werden, deutschlandweit gehe die Schafhaltung aber eher zurück. „Es gibt in Deutschland Regionen, wo kein Schäfer mehr hin will“, so Tina Bauer. Das liege mitunter an unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern, aber auch an Faktoren wie dem Wolfsvorkommen. Hier in der Region sei der Wolf zum Glück noch kein so großes Thema. Die Vorgaben hinsichtlich Wolfsschutz allerdings, so Thomas Schill, machen den Schäfern schon jetzt Probleme.

Die Bürokratie stellt eine große Herausforderung für heutige Schäfer dar. Vorgaben würden sich „mit der Farbe der Politik oft ändern“, kritisieren Thomas und Gerhard Schill. Weniger verfügbare Medikamente, realitätsferne Haltungsvorgaben, weit entfernte Schlachthöfe, steigende Ausgaben, all das nehme einem nach und nach den Spaß. 

Manche hätten ein sehr „verträumtes“ Bild von der Schafhaltung, bedauert Tina Bauer. Es könne beispielsweise vorkommen, dass Lämmer tot geboren werden. Auch wenn die Schäfer jeden Tag bei ihren Tieren sind, müssen auch sie mal schlafen. Unter Umständen sehen Spaziergänger also mal ein totes Tier in der Herde liegen. „Das Sterben gehört zur Natur dazu“, betont Bauer. Leider könnten viele nicht mehr damit umgehen und würden gleich Tierquälerei vermuten. Es fehle ein wenig das Verständnis für Landwirtschaft und Schafhaltung. Aber so viel ist sicher: Allen Schäfern liegt viel an ihren Tieren, auch wenn es Nutztiere sind.